Crash

Auf dem Rückweg hörte ich ein sirrendes Geräusch hinter mir in der Luft, an- und abschwellend, und als ich mich umdrehte, erkannte ich eine kräftige Drone, die über den Köpfen raste, Haken schlug, mich schnell überholte und verschwand, um dann plötzlich fünf Meter vor mir in Kopfhöhe stehen zu bleiben. Noch bevor ich das Handy für ein Foto zücken konnte, raste sie schon wieder davon auf die andere Straßenseite und verschwand erneut aus meinem Blickfeld.

Die Kulturszene wurde langsam ausgehungert und zersetzt. Vor allem Theaterleute, Musiker und ähnlich Performer, die nicht von den großen Staatsbetrieben gefördert wurden, sahen kaum eine Perspektive. Ganze Veranstaltungsketten brachen zusammen. Es war absehbar, dass demnächst die Kurzarbeiterregelung fürs Veranstaltungsgewerbe auslief und Zigtausende ihren Job verlieren würden. Ich telefonierte mit meinem alten Freund X, einem freien Schauspieler, der klagte, dass er unter Stress stehe. Es komme ihm vor, als liefe er eine abwärts fahrende Rolltreppe hoch – mit größter Anstrengung schaffe er es gerade mal, auf derselben Stelle zu bleiben … Mit Unlust sah er seinem nächsten Auftritt am Abend entgegen. Es sei einfach nicht motivierend, mit großen Aufwand vor einem Publikum von sechs Leuten zu spielen (die 2G+ Regel schlug hier abschreckend zu Buche), die außerdem ihre Gesichter hinter Masken verborgen hielten … Das Publikum entwöhne sich von diesen Veranstaltungen. Allmählich sei es attraktiver, eine Staffel auf Netflix anzusehen und zu Hause zu bleiben, statt sich der Mühe eines Theaterbesuchs unter diesen Umständen zu unterziehen …

Eine Antwort auf „Crash“

Die Frage war, ob die Kultur nicht überhaupt tot war nach all den Aussetzern. Zwar erreichten mich nach wie vor Einladungen von befreundeten Künstlern, die scheinbar sogar von der Krise profitierten durch zusätzliche staatliche Unterstützungen und die irgendwie weiter ihr Ding durchzogen … Wie konnte man nach diesem Zivilisationsbruch weitermachen als wäre nichts geschehen? Was war die Aufgabe von Kunst und Kultur heute? Nicht im Sinn einer „Nützlichkeit“, sondern wie konnte man sich als denkendes und gestaltendes Individuum noch äußern und sich gleichzeitig im Spiegel ansehen? Wie konnte man sich treu bleiben und seine Erkenntnis teilen? Welche Art von Öffentlichkeit ließ sich herstellen?

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